Der Fachkräftemangel ist omnipräsent. Ein guter Grund, um jetzt gemeinsam neue Wege zu gehen und ins Handeln zu kommen. Wie das aussehen kann, diskutierten Expert:innen aus Politik und Wirtschaft beim IHK-Podiumsgespräch am vergangenen Donnerstag in Freiburg.
Mit Blick auf 2035 werden 50.000 Fachkräfte mit berufsqualifizierendem Abschluss fehlen, so das Resultat des gemeinsamen Fachkräftemonitors der Industrie- und Handelskammern in Baden-Württemberg. Das
hinterlässt Spuren in der gesamten Gesellschaft. Denn damit gehen auch geringere Einnahmen bei Steuern und Sozialversicherung einher. Zudem gefährdet die aktuelle Fachkräftenot Deutschlands Erfolg bei wichtigen Zukunftsaufgaben: Energiewende, digitale Transformation und Infrastrukturausbau – denn für alle diese Aufgaben braucht es vor allem Menschen mit praktischer Expertise. „Der Fachkräftemangel entwickelt
sich zum größten Risiko der deutschen Wirtschaft“, sagte Eberhard Liebherr, Präsident der IHK Südlicher Oberrhein, bei seiner Begrüßung zum IHK-Podiumsgespräch im Etage Tagungscenter an der Messe
Freiburg.
Wie Wirtschaft, Politik und Verwaltung Synergien nutzen, sich gegenseitig helfen und gemeinsam handeln können, darum drehte sich das anschließende von Stefan Mayer moderierte Gespräch mit geladenen
Expert:innen. Im ersten großen Themenblock stand dabei die berufliche Orientierung im Vordergrund.
Staatssekretärin Sandra Boser (MdL) vom Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg betonte die Wichtigkeit der Berufsorientierung durch Praktika: „Dafür können Schulen und Betriebe
beispielsweise die Praktikumswoche nutzen – die Schüler:innen können dabei an fünf Tagen fünf Betriebe kennenlernen und Erfahrung in verschiedenen Berufen sammeln.“
Damit das Angebot auch ankommt, wird es in diesem Jahr dazu einen verbindlichen Infotag für Lehrkräfte geben. „Sie sind als Multiplikatoren sehr wichtig, allerdings können wir bei etwa 2.000 weiterführenden Schulen in Baden-Württemberg natürlich nicht kontrollieren, ob die Verpflichtung erfüllt wird“, räumt Boser ein. Weitere im Podium diskutierte Bausteine der Berufsorientierung waren Ausbildungsbotschafter, also aktuelle Auszubildende von Betrieben, die
Jugendlichen auf Augenhöhe begegnen und praxisnah aus ihrem Arbeitsalltag berichten, sowie die Einbeziehung der Eltern als erste Ratgeber von Kindern, die beispielsweise durch Eltern-Cafés, Infomessen
und Abendveranstaltung erreicht werden können.
Anja Simon, kaufmännische Direktorin der Universitätsklinik Freiburg, die aktuell etwa 300 Auszubildende beschäftigt, betonte: „Als Arbeitgeber muss man flexibel bleiben, um seine Attraktivität zu zeigen, sei es
durch eine Präsenz auf neuen Medien wie TikTok, durch kreative Imagekampagnen oder besondere Angebote. Für uns spielt zum Beispiel das Angebot der Teilzeitausbildung im Pflegebereich eine wichtige Rolle, mit diesem Angebot sprechen wir viele Alleinerziehende an.“
In der Diskussion wurde deutlich, dass selten so viel für Berufsorientierung getan wurde wie aktuell. „Was jedoch fehlt, ist der individuelle Zugang, wir müssen die einzelnen Angebote besser verzahnen und konkretisieren“, meinte Simon Kaiser, Leiter für Aus- und Weiterbildung bei der IHK Südlicher Oberrhein. Ein Manko sieht der Experte außerdem bei Gymnasien: „70 Prozent der Viertklässler wechseln aktuell ins Gymnasium und in vielen Köpfen gibt es nach wie vor den Automatismus, wenn man Abitur macht, muss man auch studieren. Hier müssen wir aktiv Alternativen aufzeigen, denn die hohe Zahl der Studienabbrüche zeigt uns, dass das nicht der einzig richtige Weg für junge Menschen mit Abitur ist“, unterstrich Kaiser.
Im zweiten Themenbock der Veranstaltung ging es um die Ausbildung. Auch hier hat sich in den vergangenen Jahren ein deutlicher Wandel ergeben: Klassische Bewerbungsgespräche und Hochglanz-
Bewerbungsmappen sind heutzutage wenig gefragt, oft reicht eine Online-Bewerbung über ein Portal, die Interessierte unkompliziert sogar von unterwegs absenden können. „Viele Unternehmen setzen auch auf das Zusammenkommen – und lernen dafür die Bewerber in einem Speed-Dating vorab persönlich kennen. So kann man neben dem Fachlich-Inhaltlichen auch das Menschliche betrachten. Und inzwischen kommen sehr oft Ausbildungen zustande, weil ein Betrieb auf soziale Kompetenzen setzt und sagt: ‚Da hat einfach die Chemie gestimmt‘“, erklärte Theresia Denzer-Urschel, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit in Freiburg und Offenburg.
Für lernschwache Jugendliche bietet die Agentur für Arbeit außerdem
Programme an, die eine Art Nachhilfe darstellen. „Hier werden sowohl die Schüler als auch die Betriebe begleitet, auch auf sozialpsychologische Weise. Dadurch lassen sich mitunter auch Ausbildungsabbrüche
verhindern“, informierte Denzer-Urschel.
Auch die IHK Südlicher Oberrhein bietet ausbildungsbegleitende Beratungen an. Neben den deutschen Jugendlichen richtet sich die Beratung dort speziell an Zugewanderte und Geflüchtete – hierfür stehen zwei Fachberater zur Verfügung. Simon Kaiser: „Sie helfen Jugendlichen und jungen Erwachsenen, eine passgenaue Einstiegsqualifizierung oder Ausbildung zu finden und betreuen die jungen Menschen noch bis zu sechs Monate weiter, wenn sie einen Platz in einem Betrieb gefunden haben. Gleichzeitig stehen unsere Experten auch Betrieben zur Seite, wenn sie einem Zugewanderten oder Geflüchteten den beruflichen Start
in ihrem Unternehmen ermöglichen wollen.“ In diesem Bereich muss die Politik dringend noch nachjustieren, gab Daniela Evers (MdL), Vorsitzende des Arbeitskreises Justiz und Migration des Landtags Baden-
Württemberg zu: „Mit der Ausbildungsduldung wurde ein Kardinalfehler gemacht, durch den viele Menschen zu früh in die Ausbildung gebracht wurden. Es braucht jedoch eine längere Zeit des Spracherwerbs und der
Vorqualifikation.“ Und auch in der Anerkennung vorhandener Qualifikationen sieht Evers noch viel Potenzial:
„Wir brauchen mehr Tempo bei der Anerkennung berufspraktischer Erfahrung, sowohl auf Bundesebene mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz als auch auf Baden-Württemberg-Ebene, indem wir die Prozesse massiv schneller und effizienter gestalten.“
Der dritte Themenblock konzentrierte sich auf das Thema Nachqualifizierung. „Wir nehmen viel Geld in die Hand, um Beschäftigte nachzuqualifizieren und im Idealfall aus einem:r un- oder angelernten Mitarbeiter:in eine:n qualifizierte:n Facharbeiter:in zu machen“, erklärte Theresia Denzel-Urschel. „Außerdem werben wir bei den Betrieben stark dafür, bei Menschen, die aus der Arbeitslosigkeit kommen, diese über einen Arbeitsvertrag erstmal in Arbeit zu bringen und dann zu qualifizieren.“ Das sei laut der Expertin auch ein Ansatz für gut besetzte Ausbildungsstellen: „Allein im vergangenen Berichtsjahr hatten wir mehr als 1.200 unbesetzte Ausbildungsstellen in der Region, daher gehen wir auch gerne auf den Erwachsenenbereich zu und schauen, ob es noch jemanden gibt, der noch keine Ausbildung gemacht hat. An der Stelle können wir erwachsenenspezifisch mit Zuschüssen ausbilden.“
Wie das in der Praxis aussehen kann, berichtete Andreas Beinroth, COO Finance & Administration der Firma Neugart in Kippenheim. „Bei uns fanden seit 2017 bereits 14 Nachqualifizierungen statt – also drei bis
viel pro Jahr. Wir haben damit sehr gute Erfahrungen auch im Bezug auf Mitarbeiterbindung gemacht – 13 der 14 nachqualifizierten Mitarbeiter:innen sind danach bei uns geblieben. Das tolle ist, sie sind auch richtig angekommen in ihren neuen Rollen. Sie sind jetzt als Facharbeiter:innen tätig, und für etwa ein Drittel von ihnen war es auch tatsächlich ein Karrierebooster.“ Gern würde Neugart noch mehr nachqualifizieren, doch sei der Aufwand „sehr hoch“. Beinroth: „Daher sind wir froh, dass es Stellen bei der Agentur für Arbeit und der IHK gibt, die uns unterstützen, denn aus eigener Kraft könnten wir das als Unternehmen nicht stemmen.“
„Die Fördermöglichkeiten für Nachqualifizierung sind mehr als attraktiv, allerdings müssen wir als Region auch auf uns aufmerksam machen, damit wir genügend potenzielle Teilnehmer:innen erreichen“, ergänzte
Simon Kaiser. „Interessierte Fachkräfte brauchen mehr Informationen zu Region, zur Wohnsituation vor Ort sowie zur Anerkennung. Ab Mai gibt es daher ein Welcome Center, ein gemeinsames Projekt von IHK und
Handwerkskammer Freiburg. Es richtet sich sowohl an Privatpersonen beziehungsweise ausländische Fachkräfte als auch an Betriebe, damit alle schnell die richtigen Ansprechpartner finden.“
(Info: IHK Südlicher Oberrhein)
Titelseite » > Schon gelesen? » Textmeldung
Stadtkreis Freiburg - Freiburg
27. Mar 2023 - 23:27 Uhr„Fachkräftemangel entwickelt sich zum größten Risiko der Wirtschaft“ - IHK-Podiumsgespräch mit Experten aus Politik und Wirtschaft

Beim Podiumsgespräch tauschten sich aus: Moderator Stefan Mayer (oben Mitte) mit (gegen den Uhrzeigersinn) Sandra Boser (MdL, Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden -Württemberg), Anja Simon (kaufmännische Direktorin der Universitätsklinik Freiburg), Simon Kaiser (Geschäftsführer für Aus- und Weiterbildung IHK Südlicher Oberrhein), Andreas Beinroth (COO Finance & Administration der Firma Neugart GmbH in Kippenheim), Theresia Denzer-Urschel (Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit in Freiburg und Offenburg) und Daniela Evers (MdL, Vorsitzende des Arbeitskreises Justiz und Migration des Landtags Baden-Württemberg und Landtagsabgeordnete für den Wahlkreis Freiburg).
Bild/Text: IHK
Weitere Beiträge von Polizeipräsidium Offenburg
Jeder Verfasser einer Meldung (Firma, Verein, Person...) hat zusätzlich noch SEINE eigene "Extrazeitung" bei REGIOTRENDS! Oben auf den roten Namen hinter „Weitere Beiträge von“ klicken. Schon sehen Sie ALLE seine abrufbaren Meldungen in unserer brandaktuellen Internet-Zeitung.
weitere Bilder: Vergrößern? - Auf Bild klicken!


> Weitere Meldungen aus Freiburg. > Weitere Meldungen aus der Rubrik "> Schon gelesen?". > Suche > Meldung schreiben P.S.: NEU! Sind Sie bei Facebook? Werden Sie Fan von RegioTrends! |
- Wir sind RegioTrends-Partner
-
Optik Nosch
Am Marktplatz 5, 79312 Emmendingen, Tel.: 07641/1343, emmendingen@optik-nosch.deGasthaus „zur Waldlust“
Gasthaus „zur Waldlust“ | Willi Gerber | Sägplatz 3, 79348 Freiamt, Tel. 07645/237, waldlust@web.deOptik im Blick
Neudorfstr. 21, 79331 Teningen, 07641/44043Schmolck GmbH & Co. KG
Am Elzdamm 2, 79312 Emmendingen, 07641/4602-0, 07641/4602-80, info.emmendingen@schmolck.deGeVaS - Gesellschaft für Vermögensaufbau und Sicherung
Über der Elz 5, 79312 Emmendingen, Tel. 07641 / 9629597, Fax 07641 / 9629598, E-Mail sebastian.schaefer@ge-vas.com
und immer auch in den RegioMarktplatz-Rubriken! -






- Regio-Termine
- Regio - "Da geh ich hin!" - Ausgewählte Termine in der Regio! Die aktuellen RT-Tipps!
- Bad Krozingen - 1. Juni: Geführte E-Bike Tour in Bad Krozingen - Teilnehmer entdecken bei Angebot der Kur und Bäder GmbH das Markgräflerland um die Stadt
- Ettenheim - 2. Juni: Spaziergang auf dem barocken Rundweg in Ettenheim - Gäste und Einheimische sind herzlich willkommen
- Freiburg - 2. Juni: "SOUS LA SURFACE - ein inszeniertes Konzert" - Werkstattkonzert mit Künstlergespräch in der Pauluskirche in Freiburg
- Waldkirch - 4. Juni: „Budenzauber!“ in Waldkirch - Familiensonntag im Studio des Elztalmuseums
- Vogtsburg - 8. Juni: 4. Kaiserstühler Burgundertour an Fronleichnam in Vogtsburg im Kaiserstuhl - Kaiserstühler Touristik-Information e.V. lädt ein
- Kenzingen - 8. Juni: "Burgruine Lichteneck - Eine faszinierende Reise in die Vergangenheit" - Burgführung in Kenzingen-Hecklingen
- Lahr - 10.06.23, 19.30 Uhr: Kulturkreis Lahr - 40 Jahre - Jubiläumsfeier im Stiftsschaffneikeller Lahr
- Gutach-Bleibach - 10. Juni: "Broken Echo" in Gutach-Bleibach - Einmaliges Rock-Konzert im Sonnenkeller
- Hecklingen - 11. Juni 2023: Verkaufs- und Flohmarkttag der Bürgergemeinschaft Hecklingen e.V.
- Herbolzheim - Sürpfle, horche, schlemme: "s´fescht" auch 2023! Das 2. Herbolzheimer Wein- & Musikfestival vom 16. bis 18. Juni - Mit verkaufsoffenem Sonntag (13-18 Uhr)
- Emmendingen - Altstadtfest in der Lammstraße in Emmendingen! - VORMERKEN: Samstag, 17. Juni 2023, 10-18 Uhr
- Lahr - 17.06.23, 20 Uhr: Duo Madsen / Binetsch - Two of us - Jazz im Stiftsschaffneikeller Lahr
- Malterdingen - Koffermarkt in Malterdingen am 17. Juni 2023
- Oberkirch - Künstliche Intelligenz - Hype oder Revolution? ++ Vortrag mit Bilderschau über "KI" am 21. Juni 2023 um 20 Uhr in Oberkirch
- Gundelfingen - 24.06.2023, ab 20:00: Langer Jazz Abend in Gundelfingen - Fest der Evangelischen Kirchengemeinde
- Teningen-Nimburg - 24. Juni: Burkina Faso Benefiz Festival am Nimburger Baggersee
- Hinterzarten - 1. Juli: Sinfoniekonzert in Hinterzarten - Veranstaltung im Kurhaus
- Emmendingen - African Music Festival 2023 - Vom 4. bis 6. August 2023 in Emmendingen
- Regio - Hier ist Platz für IHRE Veranstaltung! REGIOTRENDS-Service: Telefon 07641-9330919 - Weitere Termine im RegioKalender (Kategorie MAGAZIN)
- Tipps der Woche




- Wissenswertes
- Regio - Ausstellungen in der Regio
- Freiburg - 1. Juni: Deutsch-französische Berufsberatung in Freiburg - Grenzen überschreiten für Bildung und Studium - Veranstaltung im Berufsinformationszentrum der Agentur für Arbeit
- Freiburg - 1. Juni: Job-Speed-Dating Berufskraftfahrer für Quereinsteiger in Freiburg - Namhafte Logistikunternehmen aus der Regio bei Veranstaltung in der Agentur für Arbeit
- Ortenaukreis - 13. Juni: „Gemeinsam mit Kind“ - Treffen der Selbsthilfegruppe für Alleinerziehende im Ortenaukreis
- Regio - Mit einem Klick zu den richtigen Adressen: Einkaufen (täglicher Bedarf, regionale Erzeuger) - Shopping (Mode, Wohnen, Geschenke…) - Dienstleistung (Recht & Finanzen, rund ums Haus…) - Gastronomie - Freizeit - Betreuung & Pflege - Schön, fit, gesund






