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Überregional - Offenbach

17. Sep 2019 - 10:00 Uhr

Deutscher Wetterdienst - Erholung der Ozonschicht – ein Marathonlauf - Das „Urmeter“ der europäischen Ozonmessung

Seit 20 Jahren befindet sich am Meteorologischen Observatorium Hohenpei-ßenberg (MOHp) des Deutschen Wetterdienstes (DWD) ein sogenanntes Urmeter für die Ozonmessungen in der Atmosphäre, die mit einem Dobson Ozon-Spektrometer durchgeführt werden. Es dient als Standard, nach dem alle diese Spektrometer in der Region Europa und Mittlerer Osten ausgerichtet werden. Mit einer Festveranstaltung erinnert der DWD am 2. Oktober am MOHp gemeinsam mit Partnern an die Anfänge und zeigt die Bedeutung der langjährigen Ozonmessungen.

Hohenpeißenberg / Offenbach, 16. September 2019 – Das stratosphärische Ozon im Höhenbereich zwischen etwa zehn und 50 Kilometer gilt als „natürliche Sonnenbrille“ der Atmosphäre. Etwa 75 Prozent der gesamten Ozonmenge der Atmosphäre befindet sich in mittleren Breiten zwischen 15 und 30 Kilometern Höhe und wird allgemein als Ozonschicht bezeichnet. Diese Schicht schluckt kurzwellige Sonnenstrahlung, bekannt als UV-Strahlung. Damit schützt die Ozonschicht das Leben auf der Erde vor zu viel UV-Strahlung und beispielsweise uns Menschen vor Sonnenbrand und Hautkrebs.

Seit über 50 Jahren wird am Meteorologischen Observatorium Hohenpeißenberg (MOHp) des Deutschen Wetterdienstes (DWD) Ozon in der Atmosphäre gemessen. Seit nunmehr 20 Jahren befindet sich dort auch das „Urmeter“ der Ozonmessung für die Region Europa und Mittlerer Osten. Hinter diesem „Urmeter“ verbirgt sich das Dobson Ozon-Spektrometer Nr. 64. Was hat es damit auf sich?

„Winzige Schritte“

Zum 1. Januar 1989 trat das Montrealer Protokoll in Kraft. Es verbot weltweit die Produktion von Substanzen, die die Ozonschicht zerstören können. Seit etwa dem Jahr 2000 hat die Ozonschicht begonnen, sich sehr langsam zu erholen. Forscher gehen davon aus, dass ab der Mitte des 21. Jahrhunderts die Ozonschicht wieder das Niveau der 1960er Jahre erreichen wird. Basis für diese Berechnungen sind Modellprojektionen.

„Um diese Zunahme, die in winzigen Schritten vorangeht, auch zuverlässig nachzuweisen, bedarf es exakter und stabiler Messungen durch das weltweite Ozon-Messsystem,“ erklärt Dr. Wolfgang Steinbrecht, der am MOHp das Ozon-Zentrum des DWD leitet.

„Im Grunde ist die Erholung der Ozonschicht vergleichbar mit einem Marathonlauf. Wir sind jetzt seit fast 20 Jahren unterwegs und immer noch auf dem ersten Viertel der Strecke. Wir wissen auch nicht genau, ob wir tatsächlich bis 2050 die kompletten 42,195 Kilometer zurückgelegt haben werden. Denn trotz unserer Berechnungen gibt es natürlich Unwägbarkeiten und Unsicherheiten. Daher ist es umso wichtiger, dass wir genaue Messungen haben,“ so Wolfgang Steinbrecht weiter.

Messung durch Satelliten und Bodenstationen

Doch wie wird die Ozonsäule, also die Dicke der Ozonschicht, überhaupt gemessen? Zum einen sind seit 1979 Satelliten im Einsatz, die neben Beobachtungen der Erdatmosphäre über spezielle Instrumente auch Daten zur Ozonsäule liefern. Beispiele sind das Infrared Atmospheric Sounding Interferometer (IASI) oder das Global Ozon Monitoring Experiment 2 (GOME-2) Instrument. Diese beiden Instrumente, IASI und GOME-2, fliegen auf den polumlaufenden Satelliten METOP der Europäischen Satellitenorganisation EUMETSAT. Sie messen Infrarot-Licht aus der Atmosphäre und ultraviolettes Licht von der Sonne, um daraus Daten zur Ozonschicht ableiten zu können.

„Der Vorteil der Satelliten besteht in ihren weltweiten Messungen über dem ganzen Erdball“, sagt Wolfgang Steinbrecht. Nachteilig sei jedoch, dass die Instrumente auf den Satelliten auch altern und eine Nachjustierung im Weltall schwierig bis unmöglich sei.

Neben den Satelliten gibt es aber seit Mitte der 1950er Jahre ein weltweites Bodenmessnetz. Bei diesem bilden noch heute die manuell betriebenen Dobson Ozon-Spektrometer das Rückgrat. Gleichzeitig dienen sie dazu, die Daten, die über die Satelliten ermittelt werden, auf ihre Richtigkeit zu prüfen.

Das Dobson Ozon-Spektrometer funktioniert am besten, wenn die Sonne scheint. Denn sie dient dem Spektrometer als Lichtquelle. Dabei misst das Gerät kurzwelliges und langwelliges ultraviolettes Sonnenlicht. Als Faustformel gilt dabei: Je mehr Ozon sich zwischen Sonne und Spektrometer befindet, desto weniger kurzwelliges, sprich für den Menschen schädliches, UV-Licht erreicht das Spektrometer. Ist weniger Ozon zwischen Sonne und Spektrometer vorhanden, erreicht mehr kurzwelliges UV-Licht das Spektrometer. Misst man mit dem Spektrometer also, wieviel Sonnenlicht bei einer kurzen, stark vom Ozon absorbierten Wellenlänge gegenüber einer langen, schwach vom Ozon absorbierten Wellenlänge fehlt, so liefert das einen sehr genauen Wert für die Gesamtozonsäule über dem Messort.

Nur rund 130 solcher Spektrometer weltweit

Es war Prof. Gordon Miller Bourne Dobson (1889-1976) von der Universität Oxford, der in den 1920er Jahren begann, mit dem von ihm gebauten und später nach ihm benannten Dobson Ozon-Spektrometer die Dicke der Ozonschicht in der Atmosphäre zu messen. Rund 130 solcher Messgeräte wurden insgesamt gebaut. Sie wurden alle der Reihe nach durchnummeriert. Gut 55 davon sind heute noch in einem weltumspannenden Netz im Einsatz, drei in Deutschland beim DWD. Es sind dies die Dobson Ozon-Spektrometer Nr. 64, 104 am MOHp und Nr. 71 am Meteorologischen Observatorium Lindenberg / Richard-Aßmann-Observatorium (MOL-RAO). Hier kommt das eingangs erwähnte Dobson Ozon-Spektrometer Nr. 64 ins Spiel, das als europäisches „Urmeter“
fungiert.

Auftrag der Weltorganisation für Meteorologie (WMO)

1996 erhielt der DWD von der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) den Auftrag, als Regionales Dobson Kalibrierzentrum für die WMO-Region VI, das ist Europa und der Mittlere Osten, bei der internationalen Überwachung der Ozonschicht eine wichtige Rolle zu übernehmen. Nach dem Aufbau der entsprechenden Infrastruktur ging das Regional Dobson Calibration Centre Europe/Middle East, abgekürzt RDCC-E, 1999 in Betrieb. Bei der Kalibrierung geht es darum, dass alle Dobson-Geräte, die die Ozonsäule messen, so eingestellt und geeicht sind, dass sie exakt mit demselben Maßstab messen. Nur so können weltweite Messungen verglichen werden. Die Forscher können dann sicher sein, dass die Instrumente über einem langen Zeitraum mit hoher Präzision arbeiten und damit genaue Daten liefern.

Als Standard, nach dem alle Dobson Ozon-Spektrometer in Europa und dem Mittleren Osten ausgerichtet werden, fungiert das Spektrometer mit der Nummer 64 am MOHp – das „Urmeter“ der Ozonmessung mit Dobson-Geräten in der WMO-Region VI. „Doch damit wurden auch schon Geräte aus der Antarktis, der Arktis oder aus Afrika am RDCC-E auf dem Hohen Peißenberg geeicht. Wir bieten an, das Personal zu trainieren, das das Dobson-Spektrometer bedient. Dies geschieht in enger Kooperation mit unserem Partner-Observatorium im tschechischen Hradec Králové“, erklärt Ulf Köhler, wissenschaftlicher Leiter des RDCC-E. „Wir sind aber auch maßgeblich beteiligt, wenn es um die Verlegung von Dobson-Spektrometern an neue Standorte geht, um Lücken im weltweiten System zu schließen“.

Internationale Vergleichskampagnen

Damit alle Dobson-Geräte in der WMO-Region VI exakt und gleich messen, veranstaltet das RDCC-E sogenannte Vergleichskampagnen. Erstmals fand im Juni 1999 am MOHp eine solche Kampagne statt. Dabei wurden vier Dobson-Spektrometer aus Deutschland, Tschechien und ein von Köln nach Armenien verlegtes Gerät kalibriert.

In der WMO-Region VI gibt es derzeit insgesamt 26 operationelle Dobson Ozon-Spektrometer, die in regelmäßigen Abständen, das heißt alle fünf bis sechs Jahre, von den DWD-Spezialisten am MOHp kalibriert werden. „Die Geräte sind äußerst robust und haben eine maximale Abweichung von 0,5 Prozent, außerdem sind sie besonders langlebig. Das heute noch operationelle Instrument im chinesischen Kunming mit der Nummer Drei stammt aus den 1920er Jahren“, berichtet Ulf Köhler. „Neben der Kalibrierung wurden auch die meisten der momentan operationellen Geräte repariert oder elektronisch erneuert. Derzeit haben wir das Dobson-Spektrometer Nummer 92 aus Grönland zur Kalibrierung am Observatorium, das anschließend an eine andere Station verlegt werden soll.“ In den Jahren 2004 bis 2006 wurden am Hohenpeißenberger Observatorium die Dobson-Spektrometer Nr. 31, 73, 103 und 123 des British Antarctic Survey (BAS) generalüberholt und kalibriert. Mit diesen Spektrometern wurde das Ozonloch über der Antarktis „entdeckt“. Obwohl die Instrumente über Jahrzehnte unter rauesten Bedingungen in der Antarktis betrieben und danach um die halbe Welt transportiert wurden, wichen ihre Messwerte bei der Ankunft am Hohenpeißenberger Observatorium nur geringfügig, und zwar zwischen minus 1,5 und plus 0,5 Prozent, vom dortigen „Urmeter“ Nr. 64 ab.

Kalibrierung des Hohenpeißenberger „Urmeter“

Doch selbst das Hohenpeißenberger „Urmeter“ und sein tschechisches Pendant aus Hradec Králové mit der Nummer 74 müssen sich einer regelmäßigen Kalibrierung unterziehen. Alle zwei bis drei Jahre werden diese beiden europäischen Referenzinstrumente gegen einen der beiden absolut kalibrierten Weltstandardgeräte mit den Nummern 65 und 83 geeicht. Diese beiden Dobson-Spektrometer befinden sich als Primärstandards bei der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) in Boulder im US-Bundesstaat Colorado. Die besten Bedingungen für deren sogenannte Absolut-Kalibrierungen bieten die Messstationen auf dem Mauna Loa auf Hawaii für die NOAA-Geräte und das Izaña Observatorio auf Teneriffa für die europäischen Dobson-Spektrometer. Diese Orte liegen in niedrigen Breiten und auf hohen Bergen, sie zeichnen sich durch sehr klare Luft und ganz geringe Schwankungen der Ozonsäule aus. Da es sehr aufwändig und teuer wäre, alle zu kalibrierenden Instrumente und ihre Betreuer dorthin zu bringen, werden dort nur die „Urmeter“ der jeweiligen WMO-Regionen kalibriert. Auf diese Weise entsteht eine Kalibrationskette, die vom Primärstandard – das sind die beiden Geräte der NOAA - ausgeht und dann über die regionalen „Urmeter“ – wie das am Hohenpeißenberg oder aus Hradec Králové – auf alle Instrumente im weltweiten Messnetz übertragen wird.

Wie geht es weiter?

Zunächst steht am 2. Oktober 2019 am Meteorologischen Observatorium Hohenpeißenberg eine Feierstunde an. Die Ozon-Experten des MOHp wollen an die Anfänge des Regional Dobson Calibration Centre Europa/Mittlerer Osten erinnern, aber auch zeigen, warum exakte Messungen der Ozonsäule mit den Dobson-Spektrometern heute und auch zukünftig erforderlich sind. „Wir freuen uns, dass der DWD mit dem Kalibrierzentrum am Hohenpeißenberg seit Jahrzehnten einen wichtigen Beitrag zur internationalen Überwachung der Ozonschicht leistet. Die Ozongruppe des DWD wurde 2017 mit einem Scientific Leadership Award des Montrealer Protokolls zum Schutz der Ozonschicht ausgezeichnet – ein bemerkenswerter Erfolg und direkter Nachweis, wie wichtig solche exakten Messungen sind,“ sagt Prof. Dr. Gerhard Adrian, Präsident des Deutschen Wetterdienstes und gleichzeitig auch WMO-Präsident.

Seit 1999 haben 31 Vergleichskampagnen am MOHp stattgefunden sowie 19 weitere mit RDCC-E-Beteiligung, darunter in Arosa (Schweiz), Pretoria (Südafrika), Dahab (Ägypten) oder El Arenosillo (Spanien). Dabei wurden 44 operationelle Dobson-Spektrometer in technisch guten Zustand gebracht und mehrfach mit dem regionalen „Urmeter“ Nr. 64 kalibriert. Die nächste Vergleichskampag-ne ist bereits in der Planung: „Im Oktober 2019 unterstützen wir das RDCC in Südafrika bei deren Kampagne“ sagt Ulf Köhler, „dabei erhält auch das Hohenpeißenberger „Urmeter“ wieder die fällige Kalibrierung an den Weltstandard.“

„Internationaler Tag zum Schutz der Ozonschicht“

1994 erklärten die Vereinten Nationen den 16. September zum „Internationalen Tag zum Schutz der Ozonschicht“. Dieses Datum ist nicht zufällig gewählt: Am 16. September 1987 wurde das Montrealer Protokoll unterzeichnet, das alle Staaten der Vereinten Nationen anerkannten und das zum 1. Januar 1989 in Kraft trat. Die Staaten verpflichteten sich darin, die Produktion von ozonzerstörenden Substanzen wie Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffe (FCKW) zu verbieten. Diese Stoffe führten zu einem Abbau der schützenden Ozonschicht und werden seit den 1990er Jahren nicht mehr hergestellt.

(Medieninfo: Deutscher Wetterdienst Offenbach 17.09.2019)


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